Die Blockade des Einzugs der Flüchtlinge in die Turnhalle auf der Täterstraße in Übigau in den letzten Tagen ist scheinbar nicht nur Zeugnis der Sorge der Übigauer Anwohner.
In folgender Pressemeldung der BewohnerInnen des Hausprojekts Mangelwirtschaft in Übigau vom 5. Oktober kann man lesen, worum es bei den Protesten an der Turnhalle auch geht, eine sachliche Auseinandersetzung mit dem Thema sieht anders aus.
Zitat: Angriffsversuch auf Hausprojekt in Dresden Übigau
Am 4. Oktober 2015 gegen 20.00 Uhr versuchte eine Gruppe von etwa 10 Vermummten ein Wohnhaus in Dresden Übigau anzugreifen. Einer der Angreifer konnte auf das Grundstück gelangen und den Briefkasten beschädigen. Nachdem Bewohner des Hauses den Vorfall bemerkten, flüchteten die Angreifer.
Bei dem angegriffenen Haus handelt es sich um das seit 2014 bestehende Wohnprojekt Mangelwirtschaft. Die BewohnerInnen engagieren sich für Geflüchtete und treten öffentlich gegen Rassismus auf, unter anderem in Zusammenarbeit mit dem Bündnis Pieschen für alle. Deswegen üben sie Kritik an der Blockade der Turnhalle in der Thäterstraße und engagieren sich für eine lebendige Willkommenskultur in Übigau. Statt den im Stadtteil ankommenden Geflüchteten mit Abwehr zu begegnen, will sich das Wohnprojekt dafür einsetzen, dass sich die Geflüchteten in der neuen Umgebung zurechtfinden und akzeptiert fühlen.
In den vorhergehenden Tagen kam es im Zusammenhang mit der Blockade der Turnhalle in der Thäterstraße sowohl zu Anfeindungen gegen Menschen, die Kritik an der Versammlung üben, als auch gegen Journalisten. Auch vor dem Wohnprojekt haben seit Beginn der Blockade Gruppen immer wieder provoziert, BewohnerInnen beleidigt und das Haus fotografiert. Judith Seifert, Bewohnerin des Hauses, erklärt: "Wir sehen die erhöhte Aufmerksamkeit auf das Haus und den Angriff im direkten Zusammenhang mit der Präsenz von Neonazis und Rassisten an der Turnhalle. Entgegen der Behauptung der Blockierenden, es würde sich um eine friedliche Anwohnerversammlung handeln, werden von dort aus Andersdenkende bedroht und eingeschüchtert." Für die BewohnerInnen entsteht so eine bedrohliche Situation. Peter Richter, Bewohner des Hauses, dazu: "Wenn ich abends weggehe, vergewissere ich mich jetzt, dass keine Neonazis vor dem Haus auf mich warten. Wirklich gefährlich ist die Situation aber für meine Bekannten, die nicht typisch deutsch aussehen".
Für die HausbewohnerInnnen ist die derzeitige Bedrohungssituation eine direkte Folge der Untätigkeit der Stadt und der Polizei gegenüber der Blockade an der Turnhalle. Da die nicht angemeldete rassistische Demonstration, die bereits Rettungskräfte an ihrer Arbeit hinderte, nicht einmal mehr durch Polizeistreifen beobachtet wird, können sich auch gewaltbereite Neonazis dort sammeln und ungehindert agieren. Für das Wohnprojekt Mangelwirtschaft ist die Untätigkeit der Polizei in Übigau nicht verwunderlich. Auch in Heidenau und Freital hat die Polizei das sichtbar hohe Gewaltpotential rassistischer Versammlungen stark unterschätzt und verfolgt die dort verübten Straftaten nicht konsequent.
Außerdem begünstigt die weitgehende Akzeptanz rassistischer Meinungsäußerungen im Viertel die asylfeindlichen Proteste. Diese schüren eine Atmosphäre, in der sich Rassisten ermutigt fühlen, ihren Ressentiments Taten folgen zu lassen und Übergriffe auf Andersdenkende oder anders Aussehende zu begehen. Dem wollen die BewohnerInnen der Mangelwirtschaft gemeinsam mit Anderen eine weltoffene Perspektive entgegensetzen und Begegnungsmöglichkeiten zwischen alteingesessenen und neu angekommenen ÜbigauerInnen schaffen.