Wie die Generalstaatsanwaltschaft Dresden am Freitag mitteilte, wurden gegen die zwei Männer und eine Frau Haftbefehle erlassen. Bei dem 24-jährigen Dresdner und dem 28-jährigen Freitaler wurde er auch in Vollzug gesetzt.
Den Haftbefehl gegen die 27-jährige Freitalerin hat der Haftrichter gegen Auflagen außer Vollzug gesetzt. Die drei Tatverdächtigen sind am Donnerstag bei Razzien in Freital und Dresden vorläufig festgenommen worden.
Tatvorwürfe: Sprengstoffanschläge, Körperverletzung, Sachbeschädigung
Die Staatsanwaltschaft legt allen drei Tatverdächtigen zur Last, an einem Anschlag auf ein alternatives Wohnprojekt in Dresden-Übigau beteiligt gewesen zu sein. Sie sollen u.a. in der Nacht vom 18. auf den 19. Oktober auf das Gebäude in der Overbeckstraße unter anderem Steine und Pyrotechnik geworfen haben. Neben dem versuchten Sprengstoffanschlag wird ihnen in diesem Zusammenhang versuchte gefährliche Körperverletzung und Sachbeschädigung vorgeworfen.
Mit folgender Pressemeldung hatte sich das Wohnprojekt am 19.10.15 an die Öffentlichkeit gewandt:
PM: Überfall auf Wohnprojekt in Dresden Übigau
In der Nacht vom 18. auf den 19. Oktober 2015 kurz vor Mitternacht stürmten etwa zehn Vermummte auf das Grundstück des Wohnprojektes Mangelwirtschaft in Dresden Übigau und griffen das Haus mit Pflastersteinen, Pyrotechnik und Buttersäure an. Es wurden mehrere Scheiben zerstört. Zudem wurden die Fassade, ein Fahrrad und ein Teil der Inneneinrichtung beschädigt.
Bei dem angegriffenen Haus handelt es sich um das seit 2014 bestehende Wohnprojekt Mangelwirtschaft. Die BewohnerInnen setzen sich öffentlich für eine Willkommenskultur in Übigau ein und üben unter anderem Kritik an der rassistischen Blockade vor der Turnhalle Thäterstraße. Das Projekt arbeitet im Bündnis „Pieschen für alle" und in der neu gegründeten Bürgerinitiative „Übigau sagt Willkommen" mit, um für Geflüchtete und gegen rassistische Hetze Stellung zu beziehen. Ein wichtiges Projekt dabei ist ein Internetcafé für Geflüchtete, das sich gerade im Aufbau befindet. Im Zusammenhang mit diesem Engagement kam es bereits am 4. Oktober (siehe Pressemitteilung vom 5. Oktober) zu einem versuchten Angriff gegen das Projekt sowie zu Übergriffen auf nichtrechte Menschen aus der Blockade heraus und Drohungen im Internet.
In der Nacht auf den 19. Oktober kam es, nachdem das Haus bereits in den Wochen davor mehrfach durch Gruppen Vermummter beobachtet wurde, zu einem Angriff. Dabei stürmten die Angreifer koordiniert von mehreren Seiten auf das Grundstück und griffen das Haus sofort mit Steinen und Böllern an. Die Angreifer schleuderten diese gegen die Fenster des Hauses, wobei mehrere Scheiben zerstört wurden. Die BewohnerInnen im Haus wurden durch die hereingeworfenen Steine und Böller glücklicherweise nicht verletzt. Außerdem warfen die Angreifer große Böller mit daran gebundenen Plastikbehältern, die eine stinkende und ätzende Flüssigkeit enthielten, gegen die Fassade. Der Überfall selbst dauerte wenige Minuten. Die Koordination der Angreifer, die sorgfältige Planung und die mitgebrachten Wurfgeschosse deuten auf einen Angriff durch organisierte Gewalttäter.
Da die geschilderten Bedrohungen und Übergriffe in Übigau zeitgleich mit der Blockade an der Täterstraße begannen, gehen wir von einem rassistischen Hintergrund aus und verorten die Täter im Umfeld organisierter Neonazis. Der Anschlag ereignete sich zudem im direkten Vorfeld des Jahrestags der rassistischen Pegida-Bewegung, die bereits seit einem Jahr ihre menschenverachtenden Botschaften auf die Straße trägt und gegen schutzsuchende Menschen und ihre UnterstützerInnen hetzt. Damit wird eine rassistische Stimmung weiter angeheizt, die organisierte Neonazis und "besorgte Bürger" in ihrem Weltbild bestätigt. So wird ein Klima des Hasses erzeugt, das sich inzwischen beinahe täglich in Gewalt niederschlägt.
Dieser Angriff stellt eine bisher unbekannte Eskalationsstufe in Übigau dar. Den Angreifern ging es nicht nur um Sachbeschädigungen und Einschüchterung. Das Werfen von Pflastersteinen und Böllern in Wohnräume nahm auch schwere Verletzungen der HausbewohnerInnen in Kauf. Die Übergriffe gegen Geflüchtete und gegen Menschen, die sich für diese einsetzen sowie asylfeindliche und rassistische Proteste, Ausschreitungen und Anschläge wie in Meißen, Freital oder Heidenau nehmen in letzter Zeit deutlich zu. Die BewohnerInnen des Wohnprojektes Mangelwirtschaft bedauern diese Entwicklung und empfinden es dringender als je zuvor, sich mit Geflüchteten zu solidarisieren und sich gegen Rassismus und Fremdenfeindlichkeit einzusetzen.
Judith Seifert, eine Bewohnerin des Hauses über den Überfall: "Wenn Rassisten mit Gewalt ihre GegnerInnen einschüchtern und dabei Verletzte und Tote in Kauf nehmen, ist es wichtig, diese Entwicklungen zu thematisieren und nicht wegzuschauen. Mindestens ebenso wichtig ist es, sich für Geflüchtete einzusetzen, die von der zunehmenden Hetze und Gewalt am aller stärksten getroffen werden."